Freitag, Februar 6

Seminar und Chinese New Year

Heute war das erste New York Grouptheory Seminar im Graduate Center, einem schicken Hochhaus in der City. Eine gute Gelegenheit ein paar MathmatikerInnen zu treffen, die ich von diversen Konferenzen her kenne, und vor allem neue Leute kennenzulernen. Was sich hier im Publikum an Kapazitäten der Gruppentheorie ansammelt, ist für eine Seminarreihe wirklich beeindruckend: G. Baumslag, A. Miasnikov, V. Shpilrain, und 40 weitere zum Teil hochrangige ExpertInnen. Solche Ansammlungen an Kompetenz kenne ich sonst nur von internationalen Konferenzen. Der Vortag selbst war inhaltlich und didaktisch so, dass ich nun enspannt und mit Vorfreude meinem eigenen Vortrag in diesem Seminar in drei Wochen entgegenblicke. Details zu erwähnen erspare ich der Vortragenden.

Anschließend mache ich mich auf den Weg zum Alumni-Treffen der asiatischen AbsolventInnen anlässlich der chinesischen Neujahrsfeierlichkeiten. Schon beim Aussteigen aus der U-Bahn, ist mir klar, dass ich mitten in der China Town bin - ich bin der einzige nicht-Asiate. Auch auf der Straße ausschließlich Chinesen. Die vielen kleinen Shops am East-Broadway erinnern mich an Taipei, nur kommen hier wohl die meisten Leute aus Festland-China. Um ein halbe Stunde zu überbrücken, setze ich mich in eine Bäckerei. Fünf junge Damen dicht gedrängt hinter der Theke starren mich gleichzeitig an. Auch das erinnert mich an eine Situation vor ein paar Jahren in Taipei: Erst eine Weile verlegenes Mauscheln und Diskutieren, bis dann doch eine der fünf sich der Herausforderung stellt eine Bestellung in englischer Sprache entgegen zu nehmen. Mit dem Finger irgendwo auf die Karte zu zeigen, hätte nämlich nicht funktionieren, denn die Karte gibt es nur auf chinesisch. "Can I have a coffee?", war doch halb so schwer.

Nachdem mein Name offenbar durch einen Organisationsfehler nicht auf der Gästeliste des Alumni-Treffens war, werde ich nicht zu den anderen MathematikerInnen sondern an den Tisch Nummer 1, den "President-table" gesetzt. Ich bin etwas enttäuscht, weil ich nicht zur Rechten des Präsidenten Platz nehmen darf. Es gibt nämlich gar keinen Präsidenten an meinem Präsidententisch, der ist heute leider zu Hause geblieben.

Die asiatische Soul-Band ist gut, das chinesische Essen ebenfalls, Alkohol gibt es interessanter Weise keinen. Meine SitznachbarInnen sind durchaus interessante Persönlichkeiten: Ein Literatur-Professor, ein Professor für Filmproduktionen und Flim-theorie, und eine sehr gepflegte ältere Dame, die sich als persönliche Freundin von Benita Ferrero-Waldner herausstellt. Die stundenlange Ansprachen, Preisverleihungen und Geschichen aus der aisatischen Community am City College lassen leider wenig Zeit für Privatunterhaltungen. Während die Mehrheit der Anwesenden sich auf einen längeren Abend einstellen, verlässt ein Großteil meines Tisches unmittelbar nach der Nachspeise vorzeitig das Geschehen, so auch ich.

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