Sonntag, Jänner 18

Architekt und Professor

Im Hostel habe ich Peter kennengelernt. Er ist ein französischer Architekt, ungefähr in meinem Alter, beruflich oft im Ausland unterwegs. Über die Hompage der amerikanischen Architektenvereinigung hat er von einer kostenlosen Führung von "Urban Archivist" Miriam Berman am Madison Square erfahren, wo das berühmte Flatiron Building (der Grundriss sieht aus wie ein Bügeleisen) steht, das erste Hochhaus New Yorks. Miriam ist eine sehr aufgeweckte und gebildete Dame, die seit über 30 Jahren hier im Flatiron district lebt. Sie hat ein Buch über die Geschichte des Platzes geschrieben, quasi eine Wissenschaftlerin mit Spezialfach "Madison Square". Jedes einzelne Gebäude wird besprochen, seine Geschichte, die wirtschaftliche Enwicklung, sie erzählt unterhaltsame Anektoten über die früheren BewohnerInnen und manchmal auch noch Abhandlungen über die Gebäude die hier in grauer Vorzeit einmal gestanden sind. Jeder Gartenzaun, jeder Brunnen, jede Statue birgt eine Geschichte. Vieles unterlegt Miriam mit historischen Fotographien, oft auch aus ihrem Buch. Peter hat ihr mittlerweile die große Tasche abgenommen, damit sie beide Hände frei für ihre Vorführung hat. Wir waren die einzigen Teilnehmer der Führung, quasi eine Privattour, vermutlich sind es im Sommer mehr. Die Temperatur ist mittlerweile zwar auf knapp unter Null gestiegen, aber meine Füße sind nach 2 Stunden und 40 Minuten Vortrag im Freien völlig abgefrohren. Am Ende empfiehlt sie uns noch ein seit den 40er Jahren unverändert gebliebenes Imbisslokal in der 5ten Avenue hinter dem Flatironbuilding, das in erster Linie für seine Sandwiches bekannt ist, bevor sie sich verabschiedet und hinter dem nächsten Block verschwindet. Wir wärmen uns dort mit Matzah ball soup auf, eine jüdische Spezialtät, von der ich schon öfter gehöhrt habe, sie aber noch nie probieren konnte. Ein bemerkenswerter Vormittag.

Am Nachmittag gibt es eine weitere Stärkung in einem Imbisslokal in Chinatown, danach spazieren wir über die Brooklyn Bridge. In der Ferne sehe ich sehr zum ersten mal die Freiheitsstatue. "Jetzt muss du dir etwas wünschen!" Aber wie das mit solchen Wünschen ist, die muss man für sich behalten, sonst gehen sie nicht in Erfüllung.

Nach einem Nickerchen zu Hause im Hostel zieht es uns am Abend wieder in die City, in einen kleinen Jazzclub.

Der Architekt und der Professor, die in einem Hostel in Harlem abgestiegen sind. Dass wir in keinem Hotel wohnen, finden manche Leute wohl eigenartig. Hostels sind eben der bessere Weg um alleine zu reisen, man lernt immer wieder neue und interessante Leute kennen.

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